Einfach Karriere – Wochen-Impulse 63/ 2020
Veränderungs-Prozesse sind mit Widerständen, mit Verwirrung und mit Verleugnung verbunden. Dennoch steckt in jeder Veränderung etwas Positives – ich muss es nur sehen (wollen). So auch in der Corona-Krise (meine feste Überzeugung). Im heutiges Impuls skizziere ich wie dieser Prozess typischerweise ablauft, wie ich mit diesem Wissen zum Gestalter der neuen Situation werden kann und welche positiven Auswirkungen für die Zukunft entstehen (können).
Changemanagement, für diejenigen, die Berater-Englisch sexy finden, ist in unserer schnelllebigen Zeit wahrscheinlich die einzige Konstante in unser aller beruflichen Alltag. Die, die hiermit Geld verdienen, so wie ich, empfinden Veränderung als positiv, die Betroffen erfahrungsgemäss eher als suboptimal. Unter dem Strich profitieren beide Seiten von der Neuausrichtung des Lebens. Es bedarf einer gewissen Zeit diese Veränderung zu erkennen, zu akzeptieren und umzusetzen. Silbermond beschreibt dies in ihrem Song „mit leichtem Gepäck“1 sehr schön:
„[…] Du siehst dich um in deiner Wohnung
Siehst ein Kabinett aus Sinnlosigkeiten
Siehst das Ergebnis von
Kaufen und Kaufen von Dingen
Von denen man denkt man würde sie irgendwann brauchen
Siehst soviel Klamotten die du
Nie getragen hast und die du
Nie tragen wirst und trotzdem bleiben sie bei dir
Zu viel Spinnweben und zu viel Kram
Zu viel Altlast in Tupperwaren
Und eines Tages fällt dir auf
Dass du 99% davon nicht brauchst
Du nimmst all den Ballast
Und schmeißt ihn weg
Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck
Mit leichtem Gepäck […]“
Menschen vermeiden normalerweise lieber unerfreuliche Gedanken, Gefühle und körperliche Zustände als sie zu durchleben. Dieses Vermeiden ruft oft Leiden hervor. Für den Veränderungs-Prozess ist es hilfreich, dass Coachées unterscheiden lernen zwischen dem, was sie verändern können und dem, was nicht verändert werden kann.
Das 4-Zimmer-Modell der Veränderung, in Anlehnung an den Berater Hansueli Euster, unterstützt hierbei durch die bildhafte Veranschaulichung des Veränderungs-Prozesses, der generell durchlaufen wird, ja durchlaufen werden muss. Unterschiede ergeben sich lediglich aus der Dauer, der Intensität und durch die persönliche Entwicklungsfähigkeit im Rahmen des Wandels. Wie sehen die Zimmer aus?2
1. Zimmer – Schein-Zufriedenheit
In der Wohnsituation herrscht Bequemlichkeit, Saturiertheit und Zufriedenheit vor. Ich befindet mich in meiner Komfortzone aus der ich mich nicht bewegen möchte. Vorboten von Veränderungen (z.B. Distanz des Partners, körperliche Symtome, atmosphärische Störungen, unternehmensseitige Sparprogramme) werden negiert, wodurch diese dann unerwartet und pötzlich eintritt. Dann allerdings mit aller gewalt und ohne Rücksichten.
2. Zimmer – Verleugnung
Emotionen, wie Widerstand, Ärger, Wut und auch die Opferrolle spiegeln den Zustand wieder. Die eingetretene veränderung wird verleugnet. „Das passiert den Anderen, aber nicht mir.“, „Das kann nicht wahr sein.“ oder „Wozu soll das gut sein?“ sind typische vergangenheitsorientierte Denkweisen in dieser Phase. Die Unsicherheit ist groß. Im Tal der Tränen angekommen, entsteht eine zaghafte Akzeptanz für die Veränderung und damit für den Umzug in Zimmer drei.
Es gibt noch einen Notausgang, der auf Grund von physischen und psychischen Manifestationen in Folge des Prozesses beschritten werden muss. Dieser führt in die psychische oder psychotherapeutische Behandlung.
3. Zimmer – Entwicklung
Diese Phase istschon zukunftsorientiert, ein schwaches Licht am Ende des Tunnels ist erkennbar und eine noch vageBereitschaft für Neues existiert. Aber auch eine Ambivalenz, weil das eigene Navigationssystem eine klare Orientierung noch nicht zuläßt, der Boden unter den Füßen immer wieder schwindet, ohne jedoch ins bodenlose abzugleiten.
Der Wandel kündigt sich zaghaft an. Wie im Frühjahr selbst durch schneebedeckten Boden die Krokusse an Licht kommen, so deuten vorsichte Jas, erste Gehversuche und der Blick nach vorne die Zeitenwende an. Ab dem Moment der vollen Akzeptanz und des Loslassens steht die Tür zu Zimmer vier weit offen und der Umzug naht.
In der Ambivalenz-Phase bin ich nicht Fisch oder Fleisch. Der innere Zwiespalt führt zum Hin-und-Her zwischen Zimmer 2 und 3, wodurch der gesamte Prozess länger dauert.
4. Zimmer – Neustart
Im letzten Zimmer habe ich Kraft und Energie getankt, bin voller Tatendrang und packe die neue Herausforderung mit Herz und Hand an. Innerlich habe ich mich verpflichtet diesen neuen, unbekannten Weg zu gehen. Ein Aufblühen, innere Stärkung und Mut Stolpersteine einfach aus dem Weg zu kicken ist spürbar. Viele meiner Coachées erleben rückblickend den Veränderungsprozess als Geschenk, weil sie sich hinterfragen mussten (!), um zu erkennen was sie wirklich gerne machen und auch können. Auf diese Weise kann ein erzwungener Prozess des Wandels eine große Chance für die persönliche Entwicklung darstellen.
Bekanntermaßen entsteht durch Reibung Energie, die wiederum für Bewegung (Veränderung) notwendig ist. Die Bereitschaft zu scheitern und dennoch weiter zu machen, hat zu den größten Entwicklungen in der Menschheitgeschichte gefüht. Wer Scheitern und Wandel als elementaren Bestandteil seines Lebens erkennen kann, wird gestärkt aus seinem Prozess herauskommen.
Eine Frage bleibt noch offen.
Warum kann ich nicht von Zimmer 1 direkt in Zimmer 4 umziehen?
Die einhellige Meinung der Psychologen ist, es geht einfach nicht. Der „Gesundungsprozess“ dieses erzwungenen Wandels benötigt Zeit bis zur Akzeptanz und den Durchlauf aller Räume. In meiner Coaching-Praxis erlebe ich mindestens soviele Kunden, die augenscheinlich doch in der Lage sind den direkten Weg zu gehen. Diese Unschärfe des Modells ist aus meiner Sicht vorhanden. Für den anderen Teilstellt sie ein gutes Arbeitsmodell dar.
Wundervolle Impulse für die nächste Woche.
Bleibe inspiriert und gesund.
Holger
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1 Quelle Liedtext: https://genius.com/Silbermond-leichtes-gepack-lyrics
2 Anmerkung des Autors: Je nach Quelle gibt es andere Zimmer-Bezeichnungen und -Beschreibungen. Die dargestellten Inhalte entsprechen meiner Coaching-Praxis.