Felix´s Impulse 89/ 2021
Aus berufenen und weniger berufenen Mündern höre ich immer wieder die Aufforderung zur Initiativbewerbung. Ist es tatsächlich sinnvoll einem Unternehmen ungefragt eine Bewerbung zuzusenden, wenn keine Stellen öffentlich ausgeschrieben sind? Wenn ja, wie sollte ich idealerweise vorgehen, damit meine Unterlagen nicht im digitalen oder analogen Nirwana verschwinden?
Bei Unternehmen, die Stellengesuche auf Ihrer Webseite veröffentlichen gehört es mittlerweile zum guten Ton, dass interessierte Bewerber aufgefordert werden sich gerne initiativ zu bewerben, wenn keine passende Stelle ausgeschrieben ist. Diese Einladung kann ich dankend annehmen.
Seit Jahren wird unter Fachleuten auf eine Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (www.iab.de) aus dem Jahr 2017 verwiesen. Hiernach wird lediglich ein Drittel aller zu besetzenden Stellen öffentlich ausgeschrieben – also bei „Ingrid & Co“. Auf diesen kleinen Markt stürzen sich nach gleicher Studie 95 Prozent aller Bewerber. Der sogenannte verdeckte Arbeitsmarkt beinhaltet jedoch rund 70 Prozent der Stellen, um den sich lediglich 5 Prozent der Jobsuchenden kümmert.
Gründe für diesen „Schwarzmarkt“ gibt es viele. Die interne Stellenbesetzung ist durch das Betriebsverfassungsgesetz und viele Betriebsvereinbarungen vorgeschrieben. Darüber hinaus ist dieses Verfahren für beide seiten von Vorteil, weil man sich kennt und für die Mitarbeiter hat es motivierende Wirkung. Wird man nicht fündig, können vorgenannte Rahmenbedingungen und der Betriebsrat immer noch eine Veröffentlichung unmöglich machen. Vielleicht auch, weil an anderer Stelle mehrere Hundert Arbeitnehmer entlassen werden.
Der Markt ist heiß und interessant. Aber wie nähere ich mich ihm erfolgreich?
Für mich stellt sich jedoch die Frage, was passiert hinter dieser schönen Fassade mit den eingereichten Unterlagen der Initiativbewerber? Gibt es klare interne Prozesse, die festlegen wie mit eingehenden Initiativbewerbungen zu verfahren ist? Eingangsbestätigung, Vorauswahl mit nachfolgender Ablage „P“ (inkl. respektvoller Absage) oder „WV“? Wenn Wiedervorlage (analog oder digital), wie wird sichergestellt, dass bei Bedarf tatsächlich hierauf zurückgegriffen wird? Diese Fragen kann ich mir als Bewerber stellen. Möchte ich halbwegs sicher gehen, dass meine Bewerbung nicht im schwarzen Loch endet, könnte ich im Unternehmen anrufen und mich erkundigen was mit eingehenden Initiativbewerbungen passiert. Vielleicht bekomme ich eine hilfreiche, klärende Antwort, vielleicht auch nicht. Auch das ist eine.
Time is money, auch für mich als Bewerber. Für eine gute Bewerbung werde ich ein Stündchen benötigen. Da macht es schon Sinn zu prüfen, ob diese Zeit sinnvoll investiert ist oder der Invest beim Lesen eines Fachbuches höher ist.
Gefragt sind im verdeckten Arbeitsmarkt „Vitamin B“ und „Türöffner“, also Kontakte, Kontakte und nochmals Kontakte. Im Vordigitalen-Zeitalter waren das die Jungs aus der Fußballmannschaft, der Tennis- oder Golf-Club und der Karnevalsverein, nicht zu vergessen, im Rheinland. Im Digitalen-Zeitalter kommen noch die Sozialen Netzwerke, wie Xing und LinkedIN hinzu.
Personalberater und -vermittler sollten ebenso zum eigenen Netzwerk zählen, wie Personalverantwortliche (Vertriebs-, Produktions-, Personalleiter, etc.) von Wettbewerbern und Vertreter von interessante Unternehmen im persönlichen Dunstkreis, also im Mikro-Arbeitsmarkt.
Für mich ist eine gewinnbringende Initiativbewerbung diejenige, bei der ich mich auf eine Person im Unternehmen beziehen kann. Nichts gegen die Putzfrau, die mir den Tipp gibt, es könnte jedoch sein, das die Strahlkraft des Vertriebsdirektoren in der Personalabteilung größer ist und sich dadurch für mich die Tür weiter öffnet.
Wichtig bei dieser Form der Bewerbung sind drei Dinge: Zum einen muss die Stelle tatsächlich vakant sein. Zum anderen sollte der Tipgeber über die nötige Reputation im Unternehmen verfügen und drittens muss sichergestellt sein, dass ich mich wirklich auf diese Person, mit seinem Tipp, beziehen darf. Das ist für mich der Königsweg der Vorstellung.
Klarheit ist Wahrheit.
Bei einer Initiativbewerbung muss (!) ich für mich Klarheit über meinen beruflichen Weg, über meine Bedürfnisse (auch bezogen auf das Arbeitsumfeld/ -bedingungen/ -atmopshäre), meine Werte und selbstverständlich über meine Kernkompetenzen haben. Bekanntlich lassen sich Kompetenzen nicht wie ein Gummiband dehnen und an einen Arbeitsplatz anpassen. Auch, wenn das einige Bewerber immer noch glauben. Im verdeckten Arbeitsmarkt habe ich faktisch keinen Anhaltspunkt zu der vakanten Stelle. Umso wichtiger ist es, dass ich ein perfektes Selbstmarketing-Feuerwerk abbrenne.
Der Königsweg mit Krönchen wäre eine Situation in der durch meine Initiativbewerbung die vakante Stellen nach meinem Profil geschnitzt wird und auf der Basis intern ausgeschrieben wird, wohlwissend, dass das zu keinem Ergebnis führt. Der Betriebsrat hat sein Recht bekommen und die verantwortlichen dürfen den Kandidaten von Außen einstellen.
Fazit:
Ein Initiativbewerbung macht für mich Sinn, wenn a) Prozesse im Unternehmen dafür hinterlegt sind, b) ein Mitarbeiter mit Strahlkraft „die Tür öffnet“ und c) der Bewerber seine Hausaufgaben gemacht hat. Nicht sinnvoll ist es aus meiner Erfahrung eine 08/15-Berwerbung zur Initiativ-Bewerbung mutieren zu lassen. Das wird schon bei ausgeschriebenen Stellen nicht funktionieren, im verdeckten Arbeitsmarkt schon mal überhaupt nicht.
Wundervolle Impulse für die nächste Woche.
Bleibe inspiriert.
Holger
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