Wochen-Impulse

Nestlé. Unternehmens-Werte entwertet. Gewinn-Maximierung fortschreitend.

Wochen-Impuse 17/2019

Trotz Dürre-Katastrophe – Nestlé pumpt 50.000 Liter Wasser pro Stunde aus Äthiopiens Boden. So lautete im April 2017 die Schlagzeile, die um die Welt ging. Ein Jahr später machte Nestlé nach eigenen Angaben allein mit Wasserprodukten einen gestiegenen Umsatz von 7,878 Milliarden Schweizer Franken. Der Konzern steigerte die Einnahmen vor allem aus einem Grund – das Wasser wurde teurer verkauft. Wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht, erhöhte Nestlé die Preise 2018 um 2,7 Prozent.

Handelt der größte Lebensmittelkonzern der Welt bigott oder kongruent zu den eigenen Werten?

Ein Blick in die Erläuterungen und weiterführenden Hinweisen zu Nestlés Unternehmensgrundsätzen gibt unter Punkt 10 Wasser Aufschluss über die moralischen Ansprüche des Schweizer Weltkonzerns und damit Legitimierung für sein Handeln. „Wasser ist für Nestlé ein Bereich von höchster Priorität. […] Hierzu zählen: […] der verantwortungsbewusste Umgang mit den lokalen Wasserressourcen, […] und die Zusammenarbeit mit anderen im Hinblick auf den Erhalt der Wasserressourcen und die Förderung des Zugangs zu Wasser. […]. Wir anerkennen das universelle Recht aller Menschen auf den Zugang zu sauberem Wasser, um ihre grundlegenden Bedürfnisse zu erfüllen.“

Damit ist der Erwerb von Wasserquellen und deren Nutzung, auch in dürregefährdeten Regionen der Welt moralisch vertretbar, weil Wasser für den Konzern für die Produktion diverser Lebensmittel und die Wasserabfüllung „höchste Priorität“ hat. Der „verantwortungsbewusste Umgang mit lokalen Wasserressourcen“ ist schon durch das Selbstverständnis der Schweizer gegeben, weil hiermit die Wasserersparnis bei der Produktion u.a. von Milchprodukten gemeint ist. Nicht jedoch in Bezug auf verdurstende Menschen. „Die Förderung des Zugangs zu Wasser“ ist scheinbar ausreichend gegeben in dem dieses gereinigt, in Flaschen abgefüllt und angeboten wird.

Wie kann ich das „universelle Recht aller Menschen auf den Zugang zu sauberem Wasser“ propagieren und gleichzeitig Trinkwasser in Flaschen abgefüllt als Tafelwasser zu Preisen verkaufen, die sich die Durst leidende Bevölkerung nicht leisten kann? So dursten sie weiter, obwohl sie eine Fabrik für Wasser in ihrer Region haben.

Laut WaterAid haben 60,5 Millionen Äthiopier keinen Zugang zu sauberem Wasser. Ausbleibende Regenzeiten setzen den Menschen in Ostafrika zusätzlich schwer zu. Vor diesem Hintergrund bekommt das Handeln des einheimischen Wasserkonzerns Great Abyssinia, an dem Nestlé eine Mehrheitsbeteiligung hat, der seit über zehn Jahren im Geschäft ist und täglich 400.000 Halbliterflaschen Wasser produziert einen bitteren Beigeschmack. Diese Produktionsmenge entspricht mehr als der Hälfte dessen, was der Regierung für ihre Bevölkerung zur Verfügung steht. Wasser in Flaschen, das sich die Menschen, die unter der Dürre leiden nie werden kaufen können.

Kann man nachhaltig Wasser abfüllen in einem Land, in dem Millionen Menschen unter einer Hungerkatastrophe leiden, ausgelöst durch eine Dürre, die in dem Land am Horn von Afrika durch ausgebliebenen Regen verursacht wurde? Ja, leider kann Nestlé. Das Operative Geschäft ist augenscheinlich von den Unternehmensgrundsätzen weit entfernt und muss sich auch keine Sorge vor einer Überprüfung machen. Obwohl sie „für alle Mitarbeiter verbindlich“ sind und „ihre Einhaltung regelmäßig geprüft“ wird. Zumindest behauptet der Konzern das auf seiner Webseite unter der Überschrift: „Die Grundlage unserer Arbeit“.

„Ich mach’ mir die Welt – widdewidde wie sie mir gefällt …“1 Bei Pippi Langstrumpf fanden wir das schön, bewundernswert und traumhaft. Beim größten Lebensmittelkonzern der Welt scheinen Politiker, Lieferanten, Handelspartner und nicht zu Letzt auch wir Konsumenten ebenso zu denken. Vielleicht schauen wir auch nur weg. Die Augen verschließen geht, eine Mitschuld haben indirekt doch. Oder?

In Kapstadt gilt seit dem 1. Februar sogar eine offizielle Wassersparstufe: Nur noch 50 Liter am Tag darf jeder höchstens verbrauchen. Jeder Deutsche verbraucht im Schnitt 121 Liter pro Tag.

In Südafrika befindet sich ein Slum direkt neben der Wasserfabrik. Für die Slumbewohner gibt es kein Wasser. Seit 2011 wird die Fabrik wirtschaftlich von Nestlé genutzt. 282.000 Liter Trinkwasser werden täglich in Flaschen abgefüllt und abtransportiert. Der unterirdische Schatz heißt nun „Pure Life“. Eine Flasche des dort verkauften Wassers von Nestlé kostet umgerechnet einen Euro. Die Bewohner der umliegenden Townships leben inmitten von Müll, Ratten, Toiletten ohne Wasseranschluss und ohne fließendes Trinkwasser. Nestlé erhielt erst 2011 die Wasserlizenz für Doornkloof, eine der besten Trinkwasserquellen Südafrikas, zur Abfüllung ihrer Marke „Pure Life“. Sie läuft zwanzig Jahre. Mindestens so lange darf Nestlé dort exklusiv das Wasservorkommen ausbeuten: 103 Millionen Liter im Jahr.

Macht es Sinn Unternehmensgrundsätze zu kommunizieren, wenn es ein anderes Wertebewusstsein gibt? Nicht kommunizierte Werte können auch nicht konterkariert werden. Wäre dann bei Nestlé alles besser? Wohl kaum, es sei denn Gewinnmaximierung geht vor Menschenrechte

Ich wünsche Dir wundervolle Impulse für die nächsten 7 Tage.
Bleibe inspiriert.

Holger

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1Songtext Hey, Pippi Langstrumpf, Writer(s): Konrad Elfers, Jan Johansson, Helmut Harun, Wolfgang Franke, Astrid Lindgren Lyrics powered by www.musixmatch.com

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