Wochen-Impulse

Neuanfang – für Herz & Seele

Wochen-Impulse 25/2019

Im Wochen-Impuls „Gefangen oder frei im Job? Teil 1“ hast Du in der letzten Woche gelesen, dass auch berufliche Veränderungen abseits der gesellschaftlich normierten und für gut befundenen Pfade sehr sinnstiftend und befreiend für den Einzelnen sein können. Im heutigen Impuls geht es darum, was notwendig ist, um in Fülle zu leben, zu arbeiten und welche Stolpersteine im Weg liegen.

Alles auf Anfang stellen, nochmals bei Null anfangen: Zu diesem Zeitpunkt spielt es auch keine Rolle mehr, was mein Umfeld über meinen Veränderungsdrang denkt und wie der Markt derzeit aussieht. An diesem Punkt spüre ich eine tiefe innere Zufriedenheit, die gepaart ist mit einer unerschöpflichen Energie und einem unbändigen Antrieb. Diese positive Grundstimmung verleiht mir quasi Flügel, lässt mich alles mit einer wundervollen Leichtigkeit erledigen. In dieser Phase ist es wichtig nicht die Bodenhaftung zu verlieren und ein paar grundlegende Fragen zu klären, u.a.: „Was bin ich bereit zu tun, um meinen Traum zu leben?“ Der Wunsch alleine reicht nicht aus. Aus dem Wollen muss das Tun werden, sonst bleibt mein Wunsch das was er bisher auch war, ein Traum.

Der bewusste Verzicht auf Geld, Karriere und Ansehen wird in unserer leistungs- und wohlstandsorientierten Gesellschaft immer noch mit großem Befremden wahrgenommen. Möchte ein Akademiker, eine Führungskraft oder ein erfolgreicher Mitarbeiter seiner Karriere eine neue Richtung geben, die eher unüblich ist und damit einen Bruch des klassischen Berufsweges darstellt, wird er schnell als „Spinner“ oder „krank“ abgestempelt.

„Einer, der sich von solchen Konventionen gelöst hat, ist Markus Studer. Der Schweizer ist Lieblingsgast zahlreicher Talkshows. Mit wohligem Gruseln können die Zuschauer auf ihrem Sofa sitzen und dem Arzt lauschen, der freiwillig Fernfahrer wurde. Wie sein früheres Einkommen schlagartig auf weniger als ein Zehntel zusammengeschnurrt ist, wie er stundenlang auf der rechten Spur durch Europa kriecht und sich schließlich an einer lärmenden Autobahnraststätte zum Schlafen auf die Pritsche hinter seinem Fahrersitz haut.

In seinem früheren Leben war Markus Studer einer der führenden Herzspezialisten Europas, Leiter einer renommierten Privatklinik in Zürich. Eines Tages beschloss er, nun müsse Schluss sein mit den Herzen. „Ich wollte auf dem Höhepunkt meiner Karriere aufhören.“ Zuerst nahm der Chirurg an seinen operationsfreien Tagen Lkw-Fahrstunden. Dann zog er sich ganz aus dem OP zurück und fuhr bei anderen Truckern mit. „Ich wollte das Leben auf der Straße erst mal ausprobieren.“ Nach einem halben Jahr kaufte er sich von seinen Ersparnissen eine Zugmaschine. Blutrot, 460 PS, mit Turbolader und verchromten Dachscheinwerfern. Kostenpunkt: 100.000 Euro. Auch die muss man erst mal haben. Der Vater von drei Kindern erfüllte sich damit einen Kindheitstraum und genießt heute die neue Freiheit auf dem Fahrersitz. Manchmal nimmt er ehemalige Kollegen aus dem Spital mit. „Damals haben sie amüsiert die Augenbraue hochgezogen, heute freuen sie sich wie kleine Kinder, wenn sie mit mir quer durch Europa rollen dürfen.“1

Jeder Neuanfang bedeutet auch Angst vor dem Scheitern, Furcht vor Verlust, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, Sorge und Bangen, wie die Familie mit der Veränderung klar kommt.

Wird aus dem gelebten Traum ein Albtraum? Ängste, Zweifel und Furcht sind ganz natürliche Reaktionen. Sie machen uns Risiken bewusst und sensibilisieren für wichtige Fragen. Eine ehrliche Selbsteinschätzung ist während des gesamten Veränderungsprozesses ebenso unabdingbar wie eine Chancen-Risiken-Abwägung. Ein „dann habe ich es wenigstens versucht“ ist legitim, wenn ich mich selbstreflektiert, abwägend entschieden habe. Denn nichts ist schlimmer als sich selber für nicht genutze Chancen auch noch Jahre später Vorwürfe zu machen.

Im Job dauerhaft nicht zufrieden zu sein, weil die Arbeitsatmosphäre bedrückend und der Chef ein Sklaventreiber ist, es keine Gestaltungsmöglichkeiten und Herausforderungen gibt, kann krank machen. Das zu erkennen, ist der erste Schritt zu einer nachhaltigen Veränderung.

„Ein berufliches ‚Nix‘ zu sein ist wohl das Schlimmste, was uns in unserem Arbeitsleben passieren kann“, sagt Professor Johannes Siegrist, Leiter des Instituts für Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. „Der Job definiert große Teile unserer Identität.“2 Chancen für einen Veränderungsprozess wahrzunehmen und sie zu nutzen, macht langfristig bewiesener maßen gesund, glücklich und zufrieden, auch, weil ich mit dem Ungewissen gut umgehen kann und ein Scheitern nicht im Plan vorgesehen ist.

In den vielen Jahren der Karriereberatung habe ich immer wieder festgestellt, dass meine Kunden unterschiedliche Phasen durchlaufen, bevor sie für sich Klarheit und damit auch die Entschlußkraft haben ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Für viele war und ist es eine Unterstützung einen erfahrenen Sparringspartner an ihrer Seite zu haben, der Impulse zur Selbstreflektion bietet. Jede Entscheidung, ob impulsiv oder durchdacht, ist eine Trennung vom Alten und ein Hin zum Neuen ohne den Weg im Detail zu kennen. Dennoch kann schon dieser Aspekt das Salz in der Lebens-Suppe sein.

Ein geglückter Neustart ist meist kein Geniestreich, sondern ein langer Prozess. Er ist das Ergebnis aus intensivem Nachdenken, viel harter Arbeit und oft auch dem einen oder anderen Kompromiss. Belastbare Zahlen darüber, wie viele Umsteiger Erfolg haben, gibt es nicht. „Aber die Zufriedenheit bei denjenigen, die ihr Leben selbst in die Hand genommen haben, ist sehr groß“, weiß der Düsseldorfer Medizinprofessor Johannes Siegrist, der den psychischen Gesundheitszustand von Berufstätigen erforscht.“3

Lebst Du Deinen Traum? Wie sieht Dein Leben, Dein Arbeitsleben aus?

Ich wünsche Dir wundervolle Impulse für die nächsten 7 Tage.
Bleibe inspiriert.

Holger

PS: Den Teil 1 der Wochen-Impulse kannst Du hier nochmals nachlesen.

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Quellen 1, 2, 3: www.stern.de, Jobwechsel, die Sehnsucht nach dem Neuanfang.