Wochen-Impulse

Renten-Brexit & Altersarmut

Wochen-Impulse 12/2019

Die Renten sind sicher, sagte 1996 im Wahlkampf der damalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm. Bis heute hat er Recht behalten. Auch zukünftige Generationen werden sich an diese Aussage erinnern dürfen. Der Ex-Minister wird auch dann noch Recht behalten haben. Die Rente ist sicher und wird sicher sein. Die Frage ist nur, in welcher Größenordnung sie Monat für Monat ausgezahlt wird.

Die Rentenexperten Holger Balodis und Dagmar Hühne entlarven in ihrem neuen Buch die „große Rentenlüge“ die Scheinheiligkeit in der Rentendiskussion und fordern einen radikalen Kurswechsel in der Altersversorgung. „Rund die Hälfte der heute Erwerbstätigen ist im Alter akut von Altersarmut bedroht. Das ist die unmittelbare Folge eines politisch gewollten Zerstörungsprozesses“, so ihre Einschätzung.

Balodis zitiert in einem Beitrag eine häufig gehörte Aussage, wenn es um die Rentenfinanzierung geht: „Derzeit stehen drei Beschäftigte bereit, um einen Senior zu finanzieren. Bald sind es nur noch zwei.“ Im nächsten Atemzug erläutert er, dass der Zahlenvergleich nicht stimmen kann. „Derzeit leben 21 Millionen Rentner in Deutschland. Um auf ein Verhältnis von 3:1 zu kommen, müssten 63 Millionen Personen in die Rentenkasse einzahlen. Doch nur knapp 33 Millionen sind versicherungspflichtig beschäftigt. Bereits jetzt kommen auf einen Rentner also „nur“ 1,6 Einzahler. Die stets als Gefahr beschworene demografische Katastrophe liegt also bereits hinter uns.1

Zurück zu Norbert Blüm und seinen vielen Nachfolgern. Ein Politiker lügt nicht, er benennt nur nicht alle Fakten, die zu seiner Aussage gehören. Die Renten sind sicher. Sicher, nur wie werden sie finanziert? Mit der heutigen Form der Rente ist die Altersarmut vorprogrammiert – jeder Fünfte wird betroffen sein.2

Professor Axel Börsch-Supan forscht am Max-Planck-Insitut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München. Nach seinen Berechnungen fehlen bereits ab 2025 elf Milliarden Euro im Jahr in der Rentenkasse. Fünf Jahre später sollen es bereits 45 Milliarden Euro sein und bis 2048 soll sich das Defizit bereits auf 125 Milliarden Euro jährlich vervielfacht haben. Um diese Deckungslücken ohne Anstieg des Beitragssatzes oder Absenkung des Rentenniveaus gegen zu finanzieren, müsste schon im Jahr 2030 die Umsatzsteuer um drei Prozentpunkte erhöht werden.3

Im Oktober 2018 stellte der Bundesrechnungshof fest, dass es eine Renten-Garantie über das Jahr 2025 hinaus nicht geben dürfe. Begründung: Die Staatskasse sei finanziell gegen den demografischen Wandel nicht ausreichend gewappnet.

Bei so vielen Fakten von unterschiedlichen, fachkundigen Experten, frage ich mich doch, warum gehen wir nicht auf die Straße und protestieren? Was kann ich als Otto-Normalverbraucher machen? An welchen Stellschrauben kann ich selber drehen?

  1. Renten-Berxit – Austritt aus der Rentenversicherung. Die Möglichkeit hat die Mehrzahl der Arbeitnehmer nicht. Das Solidarsystem ist schon lange nicht mehr solidarisch, weil weder Beamte, noch Selbständige,noch Besserverdienende Teil des Systems sind.
  2. Länger arbeiten wahrscheinlich im Sinne der GroKo und von Frau Nahles.
  3. Die Private Altersvorsoge hat sich mittlerweile eher als ein zahnloser Säbelzahntiger herausgestellt und quasi tot.
  4. Das bedingungslose Grundeinkommen kann in vielen Bereichen des Sozialstaats eine Lösung bieten. Leider fehlt der politische Mut und die Bereitschaft klassische Denkmuster abzulegen.
  5. Ein passives Einkommen aus erst- oder zweitberuflicher Tätigkeit (siehe Wochen-Impulse 11.2019). Es gibt für nahezu jeden hier die Möglichkeit die Weichen weg von der Altersarmut zu stellen. Der Vorteil: Ich habe meine Gestaltung der Rente selber in der Hand. Vorschläge und Lösungsansätze biete ich in Coachings und Seminare an.

Die Rentenlüge von Norbert Blüm und seinen Nachfolgern ist über 20 Jahre so häufig wiederholt worden, dass sie eine allgemeingültige Wahrhaftigkeit bekommen hat. Nimm Deine Altersabsicherung lieber in die eigenen Hände. Das positive hieran: Du kannst es nur besser machen und bist für dich eigenverantwortlich unterwegs. In diesem Sinne, einen erfolgreichen Renten-Brexit.

Ich wünsche Dir wundervolle Impulse für die nächsten 7 Tage.
Bleibe inspiriert.

Holger

1Quelle: https://www.rubikon.news/artikel/die-rentenluge

2Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-02/altersarmut-rente-armutsgefaehrung-statistik-pensinaere

3Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-04/bundesregierung-rente-plaene-unbezahlbar?print

Bild-Quelle: Der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm klebte 1986 das erste Plakat seiner Rentenkampagne an eine Litfaßsäule auf dem Bonner Marktplatz

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