Das Felix-Prinzip – mit Liebe führen

Auszug aus dem Buch Wachstum als heiliger Gral – Stillstand durch Profiltmaximierung.

Man kann ohne Liebe Holz hacken, Ziegel formen, Eisen schmieden. Aber man kann nicht ohne Liebe mit Menschen umgehen.” (Leo Tolstoi)

Das Felix-Prinzip – mit Liebe führen ist ein Arbeitsmodell für ein zeitgemäßes, modernes Leadership. Es stellt die Grundlage für erfolgreiche Veränderungsprozesse von Organistionen, Teams und Einzelpersonen dar. Zufriedene Mitarbeiter sorgen automatisch für zufriedene Kunden, weniger Krankenstand und Fluktuation. Sinnstiftung und Zufriedenheit auf der einen Seite, stabile oder höhere Produktivität auf der anderen.

Meine These:

Wer mit Liebe führt, benötigt keine Gewinn-Maximierung! Bei den Unternehmen, bei denen der Mensch Zweck und nicht Mittel ist, wird es auf Dauer keinen Fachkräftemangel geben. Damit wäre beiden Seiten gedient und die gerne ausgerufene Win-Win-Situation tatsächlich erzielt.

Eine Flaumfeder kann einen Kieselstein rundschleifen, sofern sie von der Hand der Liebe geführt wird.1 Bei so viel Weisheit, sollte mit Liebe führen erst recht funktionieren.

Prämisse:

Liebe ist die Klammer für unser tägliches Tun. Daher sollte gelten:

  • Liebe dich selbst
  • Liebe deine Arbeit
  • Liebe deine Mitarbeiter bzw. deinen Chef

Vielleicht ist ein anderes Menschenbild nötig oder andere Führungskräfte oder eine andere Einstellung zum Wertvollsten, was ein Unternehmen hat – den Mitarbeiter. Mitarbeiterorientierte Führung bedeutet vielleicht für einige einen echten Paradigmenwechsel, vielleicht auch Mut, wahrscheinlich beides. Ohne geht es nicht schrieb bereits Götz W. Werner in seiner 2013 erschienenen Autobiographie: „Wenn ein Unternehmer die Welt und seine Mitmenschen nicht liebt, wird er auf Dauer nicht erfolgreich sein.2

Der Mitarbeiter ist Zweck des unternehmerischen Interesses, nicht der Ertrag – der kommt automatisch. Der Fokus ist auf jeden einzelnen Menschen und seine ganz persönliche Entwicklung gerichtet. Auf seine Bedürfnisse, auf seine gelebten Werte und seine Fähigkeiten. Durch diese geänderte Einstellung der Unternehmensführung, verbunden mit einem Wertewandel, führt der Weg zu Wachstum ohne Verluste. Es wird sich lohnen – für alle Seiten.

Ziele:

  • Mitarbeiterzufriedenheit
  • Arbeit bereitet Spaß, Freude und ist sinnstiftend
  • Das Unternehmen muss zum Arbeitneh mer passen, dann passt der Mitarbeiter auch zum Unternehmen
  • Der Mitarbeiter hat ein Höchstmaß an Verantwortung und Entscheidungskompetenz

Zufriedene Mitarbeiter sind von Innen getriggert – sie sind intrinsisch motiviert und benötigen nicht fortwährend von Außen einen Anstoß. Die Folge ist, dass sie gerne arbeiten, nicht auf die Uhr schauen und montags schon den Freitag mit dem bevor-stehenden Wochenende herbeisehnen. Die Produktivität steigt automatisch. Wachstum durch Entlassungen, Teilschließungen oder komplette Werksschließungen, um mehr Profit in Osteuropa oder Asien zu erzielen ist teuer. Nicht für die Unternehmen, aber für die Gesellschaft und die Betroffenen. Das ist Wachstum mit Verlusten. Wer braucht das außen den Shareholdern und der Geschäftsleitung?

Mit Liebe führen klingt im beruflichen Kontext möglicherweise für den einen oder anderen etwas befremdlich bis hin zu verrückt. Selbst unter Ausblendung der partnerschaftlichen Liebe erscheint es doch etwas viel verlangt, die Kollegen und Mitarbeiter zu lieben, wie die eigenen Kinder und den Partner.

Was bewirkt Liebe? Was macht sie mit uns? Wir empfinden Wärme, fühlen uns wahrgenommen und angenommen. Eine emotionale Gemengelage, versehen mit Vertrauen on top, sorgt bei den meisten Menschen für eine angenehme, wohlige Stimmung.

Bedürfnisse, Wünsche und Nöte der Mitarbeiter werden bewusst wahrgenommen. Dadurch passiert, wie in der Partnerschaft, etwas wunderbares. Die Saat der Liebe geht auf, wächst und gedeiht, auch bei den Mitarbeitern. Es entsteht eine Symbiose, die das Miteinander, die tägliche Arbeit zu etwas Leichtem und Angenehmen macht. Daraus erwächst Großes.

Der gute alten Duden erläutert das Wort Liebe u.a. wie folgt:

  1. „Starkes Gefühl des Hingezogenseins; starke, im Gefühl begründete Zuneigung zu einem [nahestehenden] Menschen.“
  2. „Auf starker körperlicher, geistiger, seelischer Anziehung beruhende Bindung an einen bestimmten Menschen, verbunden mit dem Wunsch nach Zusammensein, Hingabe o.Ä.“
  3. „Gefühlsbetonte Beziehung zu einer Sache, Idee o.Ä.“
  4. „Gefälligkeit; freundschaftlicher Dienst“

Im Berufsleben machen wir Geschäfte mit Menschen, nutzen ihre Fähigkeiten in der Produktion, im Verkauf oder beim Programmieren. Sobald wir positiv emotional involviert sind, gehen wir die Arbeit anders an. Liebevoller, wir sind gefälliger, erweisen einen freundschaftlichen Dienst, erledigen auch Arbeiten, die sonst vielleicht deligiert würden oder entwickeln eine gefühlsbetonte Beziehung zu einer Idee. Was gibt es Schöneres?

Nutzen mit Liebe führen:

  • Potentiale der Mitarbeiter und Teams werden optimal genutzt.
  • Die Identifikation mit dem Unternehmen steigt. Mitarbeiter werden zu Botschaftern des Unternehmens.
  • Nachhaltiges Wachstum durch höhere Produktivität.
  • Deutlich weniger Krankentage und Fluktuation

Bei uns geht es […] um Liebe, bedingungslose Liebe, und mit ihr um das rechte Maß zwischen dem, was uns als Menschen verbindet, und dem, was wir als Individuum an Freiheit brauchen.3

Die persönliche Grundhaltung und das individuelle Menschenbild bestimmen, wie wir mit unseren Mitmenschen, mit unseren Kollegen und Kunden umgehen. Harmoniesucht oder fehlende Kritikfähigkeit sind kein Zeichen von Liebe, sondern von Angst, genauer von Verlustangst. Wer mit Liebe führt muss auf der einen Seite warmherzig, offen und zugewandt sein. Auf der anderen Seite klar, kritisch, mahnend und auch strafend sein. Diese scheinbare Ambivalenz steht nicht im Widerspruch, sondern stellt lediglich die zwei Seiten der Medaille dar. Als Elternteil liebe ich mein Kind, dennoch zeige ich situativ die liebevolle, warme Seite von mir oder die klare, belehrende oder auch ermahnende Seite. Hier sehen wir die Notwendigkeit und würden für uns nie in Abrede stellen, dass wir all diese Dinge aus Liebe tun.

Mit Liebe führen heißt in bester Absicht Hilfe zur Entwicklung des Mitarbeiters anzubieten. Ein Begleiter in den beruflichen Lebensphasen zu sein. Ähnlich wie die Eltern und Großeltern mit situativer Strenge, Regeln, mit vertrauensvoller Freiheit, mit Raum für eigene Erfahrungen und Entscheidungen ihre Kinder und Enkelkinder in deren Entwicklung begleiten.

Mein Haltung zum den Kollegen und Mitarbeitern bestimmt mit welchen Selbstverständnis ich ihnen begegne. Wertschätzend, respektvoll und mit einem echten Interesse an jedem Einzelnen. Das setzt voraus, das die Belange und Bedürfnisse meiner Mitarbeiter für mich eine der wichtigsten, wenn nicht gar die wichtigste Aufgabe für mich als Führungskraft ist. Die mir anvertrauten Kollegen liegen mir am Herzen, wie meine eigenen Kinder, und ich schenken ihnen unvoreingenommen Vertrauen. Ich treten in Vorleistung. Das machen wir bei unserem Partner und den Kindern doch auch. Und, wir machen das in der Regel gerne und mit uneingeschränktem Selbstverständlichkeit. Warum also nicht auch im Beruf?

Den Verstand zu schulen, ohne das Herz zu schulen, ist keine Schulung.“ (Aristoteles)

Wie im Privatleben setzt Liebe Selbstliebe voraus. Nur wer sich selbst lieben kann, kann auch andere lieben. Selbstreflexion sollte für jede Führungskraft ein Werkzeug sein, welches er regelmäßig einsetzt, um sich selbst zu hinterfragen. Gute Führung benötigt innere Klarheit und Selbstsicherheit, um nach außen authentisch und ebenso klar aufzutreten. Wer es allen recht machen möchte, hat sein inneres Gleichgewicht und seine Selbstliebe noch nicht gefunden oder verloren. Führungskräfte, die mit der Haltung der Liebe führen, verbinden Herz und Verstand auf eine sinnvolle und wirksame Weise. Sie dienen den Mitarbeiter, Kollegen und Dienstleistern.

In einem Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger vom 17.11.2020 erläutert Hans-Helmut Fabry, Chef der Klosterfrau Gruppe, warum er das Traditionsunternehmen der Domstadt so attraktiv als Arbeitgeber empfindet: „Heute bin ich glücklich in meiner Position, weil ich die Firma, die Menschen und ihre Motivation dort sehr schätze und mit meinem Team die Weichen stellen kann. Ich bin nur dem Verwaltungsrat Rechenschaft schuldig. Klosterfrau hat sehr viel Potential und eine sehr gute Unternehmenskultur, die auf Vertrauen basiert. Alles geht nur gemeinsam mit den Mitarbeitern, ohne sie erreicht man nichts, egal, wie gut die Strategie ist.

Unternehmerisch gedacht: Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt, in der Folge auch die Kundenzufriedenheit und die Produktivität. Der Krankenstand und die Fluktuation gehen deutlich zurück. Die Ergebnisse sind Erfolg und Wachstum ohne Verluste.

Liebe für das, was wir tun, sorgt für Zufriedenheit und gute Gefühle. Darum sollte es gehen.“

1Zitat Hugo von Hofmannsthal

2Quelle: Götz W. Werner, Womit ich nie gerechnet habe, Ullstein Buchverlage, Berlin 2013

3Quelle: Die stille Revolution, Bodo Janssen, Ariston 2016, 10. Auflage, Seite 281

Buch-Tipp: Wachstum als heiliger Gral – Stillstand durch Profitmaximierung, Holger Lüttgen, neobooks Berlin Dezember 2024, 312 Seiten, Hardcover, ISBN: 9783818740405, 25,99 € inkl. MwSt.

2. Januar 2019